Ein Beispiel dazu:
- Preis (30%)
- Qualität (60%)
- Plausibilität der Projektplanung (10%)
- Wie werden aus dem Preis Punkte, wie sieht die Umrechnungsformel bei der Umrechnung der Angebotspreise in Punkte aus?
- Aus welchen Unterkriterien setzen sich die Kriterien Qualität und Plausibilität der Projektplanung zusammen?
- Wie sehen die einzelnen Bewertungskriterien im Detail aus und welches Benotungssystem wird verwendet?
- Welche Anforderung muss man erfüllen, um eine gute bzw. sehr gute Benotung zu bekommen.
- ...
OLG München , Beschluss vom 19. März 2009 - Verg 2/09: "[..] hat der Auftraggeber in der Aufforderung zur Angebotsabgabe alle vorgesehenen Zuschlagskriterien einschließlich deren Gewichtung mitzuteilen. [..] darf der Auftraggeber bei der Wertung nur diejenigen Kriterien berücksichtigen, die in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen genannt sind. Die Pflicht zur Bekanntgabe folgt aus dem Transparenzgebot. Jedem Bieter soll vor Abgabe seines Angebotes klar sein, worauf es dem Auftraggeber bei der Vergabe seines Auftrags ankommt. Dies setzt den Bieter in den Stand, seine Chancen für den Zuschlag realistisch einzuschätzen und sein Angebot entsprechend den Wünschen des Auftraggebers auszugestalten."
Der Grundsatz der Transparenz, der sich in § 97 Abs. 1 GWB als auch in § 2 Abs. 1 VOL/A, § 2 EG Abs. 1 VOL/A, § 2 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A, § 2 EG Abs. 1 Nr. 1 VOB/A findet, impliziert die Verpflichtung zur Bekanntgabe der Zuschlagskriterien, deren Gewichtung und weiterer Informationen wie z.B Umrechnungsformeln, Notensystem (zum Grundsatz der Transparenz siehe Schneevogl in jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 2 VOL/A 2009, Rn. 11).
Die Zuschlagskriterien inklusive eventueller Unterkriterien und deren Gewichtung müssen spätestens in den Vergabeunterlagen beschrieben werden. Dies folgt aus den Grundprinzipien der Transparenz und der Gleichbehandlung. Die Bewertungsmatrix muss also spätestens mit den Vergabeunterlagen bereitstehen und den Bewerbern auch mit den Vergabeunterlagen zur Verfügung gestellt werden.
EuGH, Beschluss vom 24.01.2008, C - 532 / 06: „Nach der Rechtsprechung verlangt die letztgenannte Bestimmung, ausgelegt im Licht des in Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 92/50 zum Ausdruck gebrachten Grundsatzes der Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer und der sich daraus ergebenden Verpflichtung zur Transparenz, dass alle Kriterien, die vom Auftrageber bei der Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots berücksichtigt werden, und ihre relative Bedeutung den potenziellen Bietern zum Zeitpunkt der Vorbereitung ihrer Angebote bekannt sind.“
BayObLG, Beschluss vom 03.07.2002, Verg 13 / 02 13: "Auftraggeber nach VOL/A müssen vorher angegebene Zuschlagskriterien bei der Wertung berücksichtigen; nicht angegebene Kriterien dürfen grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. [..] Die damit bezweckte Vorhersehbarkeit des Wertungsmaßstabs und der Schutz der Bieter vor Willkür (vgl. BGH NJW 1998, 3644/3646) schließen es aus, daß der Auftraggeber nachträglich von den bekanntgegebenen Zuschlagskriterien abweicht. Das bedeutet grundsätzlich, daß die angegebenen Kriterien berücksichtigt werden müssen, während andere als die angegebenen Kriterien nicht berücksichtigt werden dürfen."
EuGH, Urteil vom 18.11.2010, C - 226 / 09: „Ändert der öffentliche Auftraggeber nach Prüfung der eingereichten Angebote die Gewichtung der Zuschlagskriterien so verstößt er gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und der daraus fließenden Transparenzpflicht.“
Summa schreibt in jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 97 GWB, Rn. 273: "Die Pflicht zur Bekanntgabe umfasst alle Informationen, die kalkulationserheblich sein können, also in aller Regel auch die Unterkriterien und deren Gewichtung einschließlich einer Bewertungsmatrix."
Wagner in: jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 16 VOL/A 2009, Rn. 281: "Von der Bekanntmachungspflicht umfasst sind auch etwaige Wertungsformeln, wie zum Beispiel zur Umrechnung des Angebotspreises in Punkte."
VK Nordbayern vom 03.02.2012 - 21.VK - 3194-42/11: "Die am Auftrag interessierten Unternehmen müssen in die Lage versetzt werden, bei der Vorbereitung ihrer Angebote nicht nur vom Bestehen, sondern auch von der Tragweite der Zuschlagskriterien Kenntnis zu nehmen. Zur Tragweite gehört nicht nur die Gewichtung selbst, sondern auch die Umrechnungsformel bei der Wertung - wie etwa zur Umrechnung der Angebotspreise in Punkte.[..] "
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.11.2008, VII - Verg 37 / 08: "Für die Annahme eines Kausalzusammenhanges zwischen der unterlassenen Bekanntgabe von Zuschlagskriterien und dem Inhalt der Angebote genügt, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Bekanntgabe der Kriterien, ihrer Zuordnung zu den Kriterien und des Punktesystems sowie der sonstigen Gewichtung geeignet ist, den Inhalt der Angebote zu beeinflussen."
BGH, Urteil vom 08.09.1998, X ZR 109 / 96: "Es liegt auf der Hand, daß die Bieter der Willkür der Vergabestelle ausgeliefert wären, wenn diese nach Abgabe der Angebote im Wertungsverfahren die Zuschlagskriterien beliebig wählen könnte. Schon aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit, zu denen auch die Vorhersehbarkeit, Meßbarkeit und Transparenz staatlichen Handelns gehören, ist es deshalb unabdingbar, daß die Zuschlagskriterien vorher, d.h. bei Anforderung zur Angebotsabgabe, bekanntgemacht werden, damit sich die interessierten Unternehmen hierauf einstellen können."
VK Nordbayern vom 03.02.2012 - 21.VK - 3194-42/11: "Die Pflicht zur Gewichtung dient der Transparenz des Vergabeverfahrens. Der Bieter muss bei der Abgabe seines Angebotes wissen, auf welche Gesichtspunkte und in welcher Stärke es dem Auftraggeber ankommt ( Vavra in Kulartz Marx Portz Prieß, Kommentar zur VOL/A, 2. Auflage, Rdnr. 254 zu § 19 EG VOL/A ). Eine Bekanntgabe der Unterkriterien wird verlangt, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Bekanntgabe der Unterkriterien auf die Erstellung der Angebote Einfluss hat oder zumindest die Möglichkeit besteht, dass sich das Unterkriterium auf den Inhalt des Angebots auswirkt ( OLG München v. 17.01.2008 - Verg 15/07 unter Hinweis auf obergerichtliche Rechtsprechung ). Auch für die verschiedenen Unterkriterien besteht eine Pflicht zur Gewichtung, denn auch diese können für den jeweiligen Bieter für die Angebotsabgabe wesentlich sein [..]"
OLG München , Beschluss vom 19. März 2009 - Verg 2/09: "Der Gleichbehandlungsgrundsatz fordert eine nicht diskriminierende Behandlung aller Bieter vom Beginn bis zum Ende eines Vergabeverfahrens; auch und gerade bei der Wertung darf kein Bieter bevorzugt oder benachteiligt werden. Die Wertung der Angebote hat zudem transparent und nachvollziehbar zu erfolgen."
BayObLG, Beschluss vom 03.07.2002, Verg 13 / 02 13: "Auftraggeber nach VOL/A müssen vorher angegebene Zuschlagskriterien bei der Wertung berücksichtigen; nicht angegebene Kriterien dürfen grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. [..] Die damit bezweckte Vorhersehbarkeit des Wertungsmaßstabs und der Schutz der Bieter vor Willkür (vgl. BGH NJW 1998, 3644/3646) schließen es aus, daß der Auftraggeber nachträglich von den bekanntgegebenen Zuschlagskriterien abweicht. Das bedeutet grundsätzlich, daß die angegebenen Kriterien berücksichtigt werden müssen, während andere als die angegebenen Kriterien nicht berücksichtigt werden dürfen."
Für Ausschreibungen unterhalb der EU-Schwellenwerte (also bei den sogenannten nationalen Vergaben) gibt es durchaus Meinungen, die die Gewichtung der Kriterien nicht als notwendige Information bei den Ausschreibungsunterlagen sehen, sondern die Meinung vertreten, das die Reihenfolge ihrer Bedeutung reicht, bzw. das es reicht die Bewertungsmatrix vor dem Öffnungstermin der Angebote fertigzustellen.
Beispielhaft sei hierzu genannt: Noch. Vergaberecht kompakt, Werner Verlag, 5. Aufl 2011, Rn. 376 schreibt: " Bei Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte genügt es, wenn die Gewichtung der Kriterien nach dem Zeitpunkt der Versendung der Verdingungsunterlagen fixiert wird und in einem Vermerk, der im Zeitraum vor dem Submissionstermin liegt, festgehalten wird."
Doch der Grundsatz der Transparenz bei Vergabeverfahren gilt auch unterhalb der Schwellenwerte. Wie sollen die Bieter vernünftige Angebote erstellen können, wenn ihnen die Wichtigkeit der Zuschlagskriterien und die eigentliche Bewertungsmatrix, die Umrechnungsformeln etc. nicht offen gelegt werden? Provokativ gesprochen, ähneln diese Verfahren mehr einem Lotteriespiel und sorgen für viel Frustation bei den Bietern.
Schneevogl schreibt dagegen in jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 2 VOL/A 2009, Rn. 11: "Die Verpflichtung und das Erfordernis zur Bekanntgabe der Gewichtung von Zuschlagskriterien lässt sich im Grunde zwanglos schon aus dem vergaberechtlichen Transparenzgrundsatz selbst ableiten. Auch aus dem EU-Primärrecht, das unterhalb der Schwellenwerte zu beachten ist, lässt sich entnehmen, dass zur Sicherstellung eines transparenten Wettbewerbs der Bieter Kenntnis davon haben muss, welche Kriterien in welcher Gewichtung zueinander für den Auftrag ausschlaggebend sein sollen. Eine Angebotserstellung ohne diese Prämissen des Auftraggebers ist kaum belastbar möglich. "
Roggenkamp/Zimmermann schreibt in: jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 8 VOL/A 2009, Rn. 34: "[..] insbesondere die Pflicht zur Transparenz und Nichtdiskriminierung, kann dem nicht gefolgt werden. Um zumindest dem Risiko des Schadensersatzes im Unterschwellenbereich zu entgehen, empfiehlt sich für Vergabepraktiker, insbesondere bei Beschaffungen mit vermuteter Binnenmarktrelevanz die Zuschlagskriterien bereits vor der Bekanntmachung endgültig zu bestimmen, zu gewichten und dies entsprechend in die Vergabeunterlagen aufzunehmen."
Weitere Informationen zum Thema Wertungskriterien und Bewertungsmatrizen gibt Ihnen das Seminar Praxisratgeber Vergaberecht - Wertungskriterien und Bewertungsmatrizen.
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