Samstag, 29. Juli 2017

Lineare Interpolationsmethoden im Vergabeverfahren

Bei Ausschreibungen, bei denen Preis und Leistung mit einer unterschiedlichen Gewichtung bewertet werden sollen, gehört die lineare Interpolation mit zu den beliebtesten Methoden bei der Umwandlung von Angebotspreisen in Preispunkte. Die lineare Interpolation ist allerdings durch den Aufsatz von Bartsch/von Gehlen, NZBau 2015 sowie dem nicht rechtskräftig gewordenen Beschluss der VK Südbayern (30.8.2016 – Z3-3-3194-1-28-07/16) stark in die Kritik geraten. In der Vergabepraxis stellt sich die Frage, ob diese Methoden überhaupt noch angewendet werden dürfen?

Einleitung

Die linearen Interpolationsmethoden gehören zu einer Klasse von Bewertungsmethoden (Zuschlagsformeln) bei denen aus der Summe eines gewichteten Leistungsterms und eines gewichteten Preisterms eine Gesamtpunktzahl ermittelt wird. Dazu werden die Angebotspreise durch eine Transformationsformel in Punkte umgewandelt (transformiert).



Die lineare Interpolation dient dabei der Transformation der Angebotspreise in Preispunkte. Da in dieser Bewertungsklasse Preis- und Leistungsterm mit Gewichtungsfaktoren versehen sind, können Preis und Leistung mit unterschiedlichen Gewichten in die Bewertung einfließen.

Gewichtetes Preis-Leistungs-Diagramm

Zur besseren Veranschaulichung der Zusammenhänge zwischen Preisterm, Leistungsterm und deren Gewichtung kann die Angebotsbewertung bei den Bewertungsmethoden der Bewertungsklasse III durch ein gewichtetes Preis-Leistungs-Diagramm dargestellt werden (Ferber, Bewertungskriterien und -matrizen im Vergabeverfahren, S. 128 ff.).

Gewichtetes Preis-Leistungs-Diagramm

Bei einem gewichteten Preis-Leistungsdiagramm wird jedes Angebot durch eine Gerade dargestellt. Jedes Angebot hat einen Angebotspreis und erhält durch eine Bewertung auch eine Leistungspunktzahl. Die Leistungspunktzahl wird in die rechte senkrechte Achse (Leistungsterm) im gewichteten Preis-Leistungsdiagramm eingetragen.

Der Angebotspreis wird gemäß der durch die Bewertungsmethode vorgegeben Transformationsformel in Preispunkte umgerechnet. Die so ermittelte Preispunktzahl wird in der linken vertikalen Achse (Preisterm) eingetragen.

Die beiden Punkte werden durch eine Gerade verbunden und stellen das Angebot dar. Für die Bestimmung der Kennzahl (Gesamtpunktzahl) besteht ein sehr anschaulicher geometrischer Zusammenhang: Bewegt man den „Gewichtungsregler“ auf der horizontalen Achse, kann man die Gesamtpunktzahl direkt am Schnittpunkt der Messskala mit den Angebotsgeraden ablesen.

Gewichtetes Preis-Leistungs-Diagramm


Gewichtetes Preis-Leistungs-Diagramm

Lineare Interpolation

Bei der linearen Interpolation werden zwei gegebene Punkte (Stützstellen) durch eine Gerade verbunden. Die Werte dazwischen werden mittels der Geradengleichung zwischen den beiden Stützstellen bestimmt.



Die lineare Interpolation gehört zu den einfachsten Interpolationsmethoden und hat die Eigenschaft, dass ein linearer Zusammenhang zwischen dem Angebotspreis und der ermittelten Preispunktzahl, innerhalb des durch die beiden Stützstellen vorgegebenen Intervalls, besteht. Eine ungeschickte Wahl der Stützstellen kann allerdings zu einer Wettbewerbsverzerrung führen. Aus diesem Grund sind nicht alle linearen Interpolationsmethoden für die Vergabeverfahren zu empfehlen. In der Vergabepraxis findet man unter anderem die folgenden Ausprägungen der linearen Interpolationsmethode, die sich durch die Wahl der beiden Stützstellen unterscheiden.





Der Aufsatz Lineare Interpolationsmethoden im Vergabeverfahren behandelt die verschiedenen in der Vergabepraxis vorkommenden Formen der linearen Interpolation und zeigt auf, dass die lineare Interpolationsmethode mit den beiden Stützstellen "günstigster Preis" und "zweifaches des günstigsten Preises" unter Vorgabe von Mindestleistungspunktzahlen und Preisobergrenzen im Allgemeinen eine stabile und anwendungstaugliche Bewertungsmethode ist und nicht im Widerspruch zum Begriff des Preis-Leistungs-Verhältnisses steht.

Des Weiteren wird gezeigt warum Methoden, die eine lineare Interpolation um den Median oder den Mittelwert (arithmetisches Mittel) der Angebotspreise durchführen, bei denen einer oder beide Stützwerte der Interpolationsgeraden variabel einstellbar sind oder die auf der Preisspanne zwischen billigstem und teuersten Angebot basieren, in der Regel zu Wettbewerbsverzerrungen führen und keine Anwendung finden sollten.

Der Aufsatz kann als Preprint direkt beim Autor angefordert werden: preprint@praxisratgeber-vergaberecht.de

Literaturhinweise:
  1. Ferber. Lineare Interpolationsmethoden im Vergabeverfahren.
  2. Ferber in: Müller-Wrede, Malte (Hrsg.). VgV Kommentar (ISBN 978-3-8462-0556-3), 08/2017, § 58 Abs. 2 S. 1 VgV.
  3. Schäffer/Ferber. Zur (Un-)Zulässigkeit gängiger Wertungsmethoden, Vergabe Fokus 6/2016.
  4. Ferber. Vor- und Nachteile verschiedener Wertungssysteme, Vergabe Fokus 6/2016.
  5. Ferber. Das Rätsel „Preis-Leistungs-Verhältnis", Vergabe Navigator, Sonderheft 2016.
  6. Ferber. Was bedeutet „Preis-Leistungs-Verhältnis“ im Vergaberecht, blog.cosinex.de, 15.11.2016. 
  7. Ferber. Ein neuer Begriff von Wirtschaftlichkeit, Vergabe Navigator, Heft 3/2016, S. 5-10.
  8. Ferber. Bewertungskriterien und -matrizen im Vergabeverfahren, (ISBN 978-3-8462-0471-9), 10/2015 Bundesanzeiger Verlag.

Seminar Wertungskriterien und Bewertungsmatrizen

Das Seminar Praxisratgeber Vergaberecht - Wertungskriterien und Bewertungsmatrizen behandelt die Besonderheiten der Bewertungskriterien und Bewertungsmatrizen in Vergabeverfahren:
  • Welche Kriterien sind neben dem Preis möglich und erlaubt? 
  • Transparenzgebot 
  • Die richtigen Kriterien finden, Wirtschaftlichkeit der Angebote 
  • Ausschlusskriterien, Bewertungskriterien, 
  • Gewichtung von Kriterien 
  • Preis-Leistung 
  • Richtwertmethode, erweiterte Richtwertmethode, gewichtete Richtwertmethode 
  • Mittelwertmethode, Medianmethode, Referenzwertmethode 
  • Interpolationsmethoden, Preisquotientenmethode
  • Vor- und Nachteile, Besonderheiten der verschiedenen Methoden, Störanfälligkeit und Stabilität der Methoden 
  • Erstellen von Bewertungsmatrizen, Notenskalen 
  • Vermeiden von Komplexität, Analyse von Bewertungsmatrizen 
  • Auswertung mit Hilfe von Bewertungsmatrizen 
  • Rechtsprechung Beispiele und Tipps für die Praxis



Die Vorteile der Seminarreihe Praxisratgeber Vergaberecht:
  • anschauliche und realitätsbezogene Darstellung
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Weitere Informationen zum Seminar und die Möglichkeit zur Anmeldung:

http://praxisratgeber-vergaberecht.de/seminar-bewertungsmatrizen.html




Die nächsten Termine:
14.09.2017 Stuttgart: Wertungskriterien und Bewertungsmatrizen
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28.09.2017 Köln: Wertungskriterien und Bewertungsmatrizen
26.10.2017 Darmstadt: Wertungskriterien und Bewertungsmatrizen
14.12.2017 Darmstadt:  Wertungskriterien und Bewertungsmatrizen

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