Gastbeitrag von Michael Singer (Beratung und Seminare Öffentliches Preisrecht und Preisprüfung)
Fällt die Entscheidung, sich um öffentliche Aufträge zu bemühen, steht
sicherlich zunächst die Frage im Vordergrund: Wie komme ich an relevante
Ausschreibungen und wie beteilige ich mich möglichst erfolgreich daran.
Mit Blick auf eine erfolgreiche Teilnahme verdienen die relevanten
Vorschriften des Vergaberechts, aber auch des öffentlichen Preisrechts,
besondere Beachtung.
Im Mittelpunkt des öffentlichen Preisrechts steht die Verordnung PR Nr
30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen (VO PR 30/53).
Grundidee dieser Verordnung war, wie es in der Eingangsformel heißt,
„marktwirtschaftliche Grundsätze auf dem Gebiet des öffentlichen
Auftragswesens verstärkt durchzusetzen“.
Gemäß VO PR 30/53 ist bei der Vereinbarung von Preisen grundsätzlich
Marktpreisen der Vorzug zu geben – sofern eine ordentliche Ausschreibung
ein wirtschaftliches Ergebnis aufgrund eines marktfähigen Wettbewerbs
und damit marktgängige Leistungen ergibt.
Was marktgängige Leistungen betrifft, gibt es in den VO PR 30/53 keine
eindeutige Definition. Anhaltspunkte findet man dazu lediglich in
Runderlässen und Richtlinien. Dort heißt es: „Marktgängige Leistungen
sind Leistungen, die allgemein im wirtschaftlichen Verkehr hergestellt
oder gehandelt werden.“ und „Die marktgängige Leistung muss von mehreren unabhängig im Wettbewerb stehenden Unternehmen angeboten werden.“
Bei Leistungen, für die es tatsächlich keinen Markt gibt – wie z.B. im
Verteidigungsbereich oder bei innovativen Lösungen – ist die Beurteilung
einfach. Bei handwerklichen Leistungen wird es im Gegenzug wohl
grundsätzlich einen Markt geben.
In eine „Grauzone“ fallen jedoch nicht frei und allgemein verfügbare
„Lösungen“. Regelmäßig häufig wird auch bei Dienstleistungen davon
ausgegangen, dass keine marktgängige Leistung vorliegt.
Und immer dann kommt es zur Anwendung der spezifischen Vorschriften der
VO PR 30/53 und der Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von
Selbstkosten (LSP). Deren Prinzip der kostenorientierten Kalkulation
soll - vom Urgedanken her - den öffentlichen Auftraggeber vor
überzogenen Preisforderungen eines Angebotsmonopolisten schützen.
Als Ersatz für eine wettbewerbliche Preisbildung erfolgt also eine
Preisbildung aufgrund von Selbstkosten nach den Vorschriften der LSP.
Hier kommen drei Preistypen zur Anwendung – prioritär geordnet als sog.
„Preistreppe“. Je nach Kalkulationsmöglichkeit wird zwischen
Selbstkostenfest-, -richt- und –erstattungspreis unterschieden.
Selbstkostenpreise sind möglichst als Selbstkostenfestpreise zu
vereinbaren, die ausschließlich auf einer Vorkalkulation beruhen. Kann
ein Selbstkostenfestpreis nicht festgestellt werden, weil z.B. die
Kalkulationsgrundlagen noch nicht hinreichend überschaubar sind, ist dem
Selbstkostenrichtpreis der Vorzug zu geben. Der vertraglich fixierte
vorläufige Selbstkostenpreis wird dabei noch vor Beendigung des
Auftrages aufgrund einer aktualisierten Kalkulation in einen
Selbstkostenfestpreis umgewandelt. Selbstkostenerstattungspreise
schließlich dürfen nur vertraglich vereinbart werden, wenn keine andere
Preisermittlung möglich ist.
Eine nachträgliche Erhöhung der Auftragssumme ist jedoch bei den
letztgenannten beiden Preistypen so gut wie ausgeschlossen, da die Höhe
der erstattungsfähigen Kosten beinahe regelmäßig auf den vertraglich
vereinbarten Preis begrenzt ist.
Eine Preisprüfung ist grundsätzlich bei allen Preistypen möglich, wobei
diese sich in der Praxis eindeutig auf Selbstkostenricht- und
–erstattungspreise konzentriert. Gegenstand der Prüfungen sind die
internen Stundensätze, die Gemeinkostenzuschlagssätze und die
verrechneten auftragsbezogenen Kosten. All das muss mit den
Kalkulationsvorschriften der LSP vereinbar sein.
Das Ergebnis der Preisprüfung wird Abweichungen ergeben – das ist
sicher. Und diese können sich in beide Richtungen ergeben. Stellt der
Preisprüfer einen höheren Preis als den vertraglich vereinbarten fest,
bedeutet dies nicht, dass sich das Unternehmen auf eine Nachzahlung
freuen darf, da die Selbstkostenpreise – wie oben bereits erwähnt -
beinahe regelmäßig vertraglich höchstbegrenzt sind.
Im anderen Fall wird aber der niedrigere festgestellte Preis als
korrigierte Auftragssumme festgesetzt und das Unternehmen muss die
Differenz an den Auftraggeber zurückzahlen – egal ob dieser Auftrag
betriebswirtschaftlich gesehen erfolgreich war oder nicht. Und dass das
nicht nur vereinzelt vorkommt, beweisen auch die Statistiken der letzten
Jahre – denn durchschnittlich jede dritte Preisprüfung führt zu einer
Rückzahlungsverpflichtung für die Unternehmen.
Weitere Informationen finden Sie unter www.singer-preispruefung.de
und twitter.com/preisrecht
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