Montag, 4. November 2013

Öffentliches Preisrecht und Preisprüfungen - Eine Einführung

Gastbeitrag von Michael Singer (Beratung und Seminare Öffentliches Preisrecht und Preisprüfung)

Fällt die Entscheidung, sich um öffentliche Aufträge zu bemühen, steht sicherlich zunächst die Frage im Vordergrund: Wie komme ich an relevante Ausschreibungen und wie beteilige ich mich möglichst erfolgreich daran. Mit Blick auf eine erfolgreiche Teilnahme verdienen die relevanten Vorschriften des Vergaberechts, aber auch des öffentlichen Preisrechts, besondere Beachtung.

Im Mittelpunkt des öffentlichen Preisrechts steht die Verordnung PR Nr 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen (VO PR 30/53). Grundidee dieser Verordnung war, wie es in der Eingangsformel heißt, „marktwirtschaftliche Grundsätze auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens verstärkt durchzusetzen“.

Gemäß VO PR 30/53 ist bei der Vereinbarung von Preisen grundsätzlich Marktpreisen der Vorzug zu geben – sofern eine ordentliche Ausschreibung ein wirtschaftliches Ergebnis aufgrund eines marktfähigen Wettbewerbs und damit marktgängige Leistungen ergibt.

Was marktgängige Leistungen betrifft, gibt es in den VO PR 30/53 keine eindeutige Definition. Anhaltspunkte findet man dazu lediglich in Runderlässen und Richtlinien. Dort heißt es: „Marktgängige Leistungen sind Leistungen, die allgemein im wirtschaftlichen Verkehr hergestellt oder gehandelt werden.“ und „Die marktgängige Leistung muss von mehreren unabhängig im Wettbewerb stehenden Unternehmen angeboten werden.“

Bei Leistungen, für die es tatsächlich keinen Markt gibt – wie z.B. im Verteidigungsbereich oder bei innovativen Lösungen – ist die Beurteilung einfach. Bei handwerklichen Leistungen wird es im Gegenzug wohl grundsätzlich einen Markt geben.

In eine „Grauzone“ fallen jedoch nicht frei und allgemein verfügbare „Lösungen“. Regelmäßig häufig wird auch bei Dienstleistungen davon ausgegangen, dass keine marktgängige Leistung vorliegt.

Und immer dann kommt es zur Anwendung der spezifischen Vorschriften der VO PR 30/53 und der Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten (LSP). Deren Prinzip der kostenorientierten Kalkulation soll - vom Urgedanken her - den öffentlichen Auftraggeber vor überzogenen Preisforderungen eines Angebotsmonopolisten schützen.

Als Ersatz für eine wettbewerbliche Preisbildung erfolgt also eine Preisbildung aufgrund von Selbstkosten nach den Vorschriften der LSP. Hier kommen drei Preistypen zur Anwendung – prioritär geordnet als sog. „Preistreppe“. Je nach Kalkulationsmöglichkeit wird zwischen Selbstkostenfest-, -richt- und –erstattungspreis unterschieden.

Selbstkostenpreise sind möglichst als Selbstkostenfestpreise zu vereinbaren, die ausschließlich auf einer Vorkalkulation beruhen. Kann ein Selbstkostenfestpreis nicht festgestellt werden, weil z.B. die Kalkulationsgrundlagen noch nicht hinreichend überschaubar sind, ist dem Selbstkostenrichtpreis der Vorzug zu geben. Der vertraglich fixierte vorläufige Selbstkostenpreis wird dabei noch vor Beendigung des Auftrages aufgrund einer aktualisierten Kalkulation in einen Selbstkostenfestpreis umgewandelt. Selbstkostenerstattungspreise schließlich dürfen nur vertraglich vereinbart werden, wenn keine andere Preisermittlung möglich ist.

Eine nachträgliche Erhöhung der Auftragssumme ist jedoch bei den letztgenannten beiden Preistypen so gut wie ausgeschlossen, da die Höhe der erstattungsfähigen Kosten beinahe regelmäßig auf den vertraglich vereinbarten Preis begrenzt ist.

Eine Preisprüfung ist grundsätzlich bei allen Preistypen möglich, wobei diese sich in der Praxis eindeutig auf Selbstkostenricht- und –erstattungspreise konzentriert. Gegenstand der Prüfungen sind die internen Stundensätze, die Gemeinkostenzuschlagssätze und die verrechneten auftragsbezogenen Kosten. All das muss mit den Kalkulationsvorschriften der LSP vereinbar sein.

Das Ergebnis der Preisprüfung wird Abweichungen ergeben – das ist sicher. Und diese können sich in beide Richtungen ergeben. Stellt der Preisprüfer einen höheren Preis als den vertraglich vereinbarten fest, bedeutet dies nicht, dass sich das Unternehmen auf eine Nachzahlung freuen darf, da die Selbstkostenpreise – wie oben bereits erwähnt - beinahe regelmäßig vertraglich höchstbegrenzt sind.

Im anderen Fall wird aber der niedrigere festgestellte Preis als korrigierte Auftragssumme festgesetzt und das Unternehmen muss die Differenz an den Auftraggeber zurückzahlen – egal ob dieser Auftrag betriebswirtschaftlich gesehen erfolgreich war oder nicht. Und dass das nicht nur vereinzelt vorkommt, beweisen auch die Statistiken der letzten Jahre – denn durchschnittlich jede dritte Preisprüfung führt zu einer Rückzahlungsverpflichtung für die Unternehmen.

Weitere Informationen finden Sie unter www.singer-preispruefung.de
und twitter.com/preisrecht

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