Freitag, 10. April 2015

Woran scheitern Unternehmen, die sich neu im öffentlichen Auftragswesen engagieren möchten?

Das öffentliche Auftragswesen besitzt eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung. In der Bundesrepublik Deutschland werden pro Jahr öffentliche Aufträge im Wert von ca. 360 Milliarden Euro vergeben. Für die gesamte Europäische Union geht man von einem Marktvolumen bei öffentlichen Beschaffungen von mehr als 2 Billionen Euro aus. Durch dieses hohe Marktvolumen und der Zahlungsfähigkeit der öffentlichen Hand sind öffentliche Aufträge für Wirtschaftsunternehmen sehr interessant.

Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen ist allerdings streng formalisiert und inhaltlich komplex und stellt damit sowohl die Vergabestellen als auch die sich am Verfahren beteiligten Wirtschaftsunternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Um als Bieter erfolgreich an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen, muss man die Spielregeln kennen. Bereits geringe Formfehler können zu einem zwingenden Ausschluss führen, eine falsche Bieterstrategie den Erfolg verhindern.

Woran scheitern Unternehmen, die sich neu im öffentlichen Sektor engagieren möchten?

Unternehmen, die neu an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen, unterschätzen sehr oft die Formalien des Vergaberechts und nehmen an Ausschreibungen teil ohne die Spielregeln zu kennen.  Dies ist in vielen Fällen fatal. Denn bereits geringe Formfehler können zu einem zwingenden Ausschluss führen. Ein eigentlich gutes oder sehr gutes Angebot fällt dann bereits bei der formalen Prüfungsstufe aus der Wertung.

Typische Formfehler die von Bietern gemacht werden:

1. Das Angebot wird verspätet abgegeben

Der Bieter hat grundsätzlich das Risiko der Übermittlung und des rechtzeitigen Eingangs seines Angebots beim Auftraggeber zu tragen. Ein verspäteter Eingang führt regelmäßig zum zwingenden Ausschluß vom Verfahren. Hier gibt es nur wenige Ausnahmefälle.

Beispiel"Pünktlich im Gebäude, aber dennoch zu spät": Der Bieter hat zwar gerade noch rechtzeitig das Gebäude des Auftraggebers erreicht; zur rechtzeitigen Abgabe im in der Ausschreibung genannten Zimmer hat es leider nicht mehr gereicht. 

Der Bieter trägt das Risiko für den rechtzeitigen Eingang des Angebotes oder der Teilnahmeerklärung auch dann, wenn der Versand per Kurier erfolgt.

2) Änderungen des Bieters an den Vertragsunterlagen

Änderungen an den Vertragsunterlagen sind unzulässig und führen zum zwingenden Ausschluss des Angebots.

Beispiel: Bei einer Ausschreibung zur Beschaffung von unterbrechungsfreien Stromversorgungen auf Basis der Brennstoffzellentechnologie forderte der Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung DC/AC-Wandler: „Es wird ein Wirkungsgrad von > 90%gefordert.“ Der Wirkungsgrad in „%“ war im Angebot einzutragen. Ein Bieter trug im Formblatt zu seinem Angebot einen Wirkungsgrad von 90% ein. Dies hatte den zwingenden Anschluss des Angebots zu Folge. 

Das Einbeziehen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen stellt eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen dar. Bereits das formelle Einbeziehen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen begründet eine Abweichung.

Die Zuschlagsfrist bzw. Bindefrist wird durch den Auftraggeber im Ausschreibungsverfahren festgesetzt. Ändert ein Bieter die in den Verdingungsunterlagen aufgeführte Zuschlagsfrist bzw. Bindefrist eigenmächtig ab, so muss das Angebot des Bieters von der Vergabestelle zwingend ausgeschlossen werden.

3) Nicht zweifelsfreie Änderungen des Bieters an seinen Eintragungen 

Beispiel: Ein Bieter hatte in seinem Angebot zur Gedankenstütze Haftnotizen platziert. Beim Formblatt Preisangaben wurden solche Haftnotizen verwendet, um final zu entschei den, welche Preise am Ende abgegeben werden sollten. Am Ende wurden die Haftnotizen im Angebot vergessen. Die nicht zweifelsfreien Ange botspreise führten zu einem zwingenden Ausschluss. 

4) Fehlende Unterschriften 

Eine fehlende Unterschrift auf dem abzugebenden Angebot hat schwerwiegende Folgen im Vergabeverfahren und führt zwingend zum Ausschluss. Einen Ermessensspielraum hat der Auftraggeber hierbei nicht. Fehlende Unterschriften dürfen nicht nachgefordert werden.

5) Fehlende Erklärungen und Nachweise 

Bei der Wertung der Angebote ist der Auftraggeber verpflichtet eine Eignungsprüfung durchzuführen. Der Auftraggeber ist dabei an seine eigenen aufgestellten und veröffentlichten Spielregeln gebunden. Eignungsnachweise, die zwingend gefordert wurden, müsssen auch zwingend vorhanden sein und gewertet werden. Fehlende oder fehlerhafte Eignungserklärungen gehören mit zu den häufigsten Gründen für einen Angebotsausschluss.

Erfolg bei Ausschreibungen 

Um erfolgreich an Ausschreibungen teilzunehmen, muss man:
  • Bekanntmachungen richtig analysieren - die Sprache der Bekanntmachung verstehen. 
  • Sich auf die "richtigen" Ausschreibungen fokussieren. 
  • Bieterfragen taktisch richtig einsetzen und wenn es sein muss auch mal rügen. 
  • Fehlende Leistungsfähigkeit und Fachkunde durch Nachunternehmen und Bietergemeinschaften ausgleichen. 
  • Angebote bzgl. Zuschlagskriterien optimieren. 
  • Nebenangebote und mehrere Hauptangebote strategisch einsetzen. 
  • Formale Fehler vermeiden - Spielregeln kennen, Stolpersteine umgehen. 
  • Seine Informationsrechte kennen und aus verlorenen Ausschreibungen lernen. 

Praxisratgeber Vergaberecht - Bieterstrategien im Vergaberecht


Thomas Ferber
Bieterstrategien im Vergaberecht
Wie erhalte ich öffentliche Aufträge? Wie funktioniert die Vergabe öffentlicher Aufträge?"
ISBN: 978-3-8462-0268-5
Bundesanzeiger Verlag
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