Sonntag, 29. Mai 2016

Die einfache Richtwertmethode als Bewertungsmethode im Vergabeverfahren

Bei der einfachen Richtwertmethode nach der Unterlage für Ausschreibung und Bewertung von IT-Leistungen (UfAB) (UfAB VI, Unterlage für Ausschreibung und Bewertung von IT-Leistungen. Version 1.0, 30.04.2016, S. 157-158) wird das wirtschaftlichste Angebot durch ein Leistungs-Preis-Verhältnis gebildet. Die Kennzahl zur Leistungs-Preis-Bewertung wird aus dem Quotienten der Leistungspunkte des Angebots und dem Angebotspreis berechnet.

Kennzahl = Leistungspunkte / Angebotspreis


Das Angebot mit der höchsten Kennzahl gewinnt.

Beispiel:
Im betrachteten Beispiel werden die folgenden drei Angebote gewertet:
Angebot 1: 60 Leistungspunkte; Angebotspreis = 65.000 Euro
Angebot 2: 75 Leistungspunkte; Angebotspreis = 74.000 Euro
Angebot 3: 100 Leistungspunkte; Angebotspreis = 100.000 Euro

Im betrachteten Beispiel gewinnt weder das Angebot mit dem niedrigsten Angebotspreis, noch das Angebot mit der höchsten Leistungspunktzahl. Angebot 2 hat im vorliegenden Beispiel das beste Verhältnis aus Leistungspunktzahl und Angebotspreis, also die höchste Kennzahl.

Preis-Leistungs-Diagramm

In einem Preis-Leistungs-Diagramm befinden sich auf der horizontalen Achse die Angebotspreise  und auf der vertikalen Achse die Leistungspunkte der Angebote. Jedes Angebot besteht aus einem Angebotspreis und einer Leistungspunktzahl und kann als Punkt in das Preis-Leistungs-Diagramm eingezeichnet werden.

Werden die Angebote als Punkte in das Preis-Leistungs-Diagramm eingezeichnet und jeder Angebotspunkt mit einer Geraden durch den Nullpunkt verbunden, gewinnt das Angebot, dessen Gerade im Preis-Leistungs-Diagramm die größte Steigung aufweist.

Preis-Leistungs-Diagramm - Kennzahl als Geradensteigung

Auch eine geringe Leistungspunktzahl kann bei entsprechend günstigem Angebotspreis zu einer hohen Kennzahl, d.h. zu einem hohen Preis-Leistungs-Verhältnis führen. Das folgende Beispiel soll dies verdeutlichen.

Beispiel:
Bei einer Ausschreibung werden maximal 1.000 Leistungspunkte vergeben. Insgesamt werden sieben wertbare Angebote abgegeben. Die sieben Angebote unterscheiden sich sehr deutlich im Angebotspreis und in der Leistungspunktzahl. Zwischen dem günstigsten Angebot A mit 100.000 Euro und dem teuersten Angebot G mit 1.000.000 Euro liegt ein Faktor von 10. Ebenso einen Faktor von 10 gibt es zwischen dem leistungsschwächsten Angebot A mit 100 Leistungspunkten und dem leistungsstärksten Angebot G mit 1.000 Leistungspunkten.

Welches der sieben Angebote soll den Zuschlag erhalten? Sehr oft liest man bei Ausschreibungen die Regel: „Bei Gleichstand gewinnt das günstigste Angebot“. In diesem Beispiel wäre dies das Angebot A. Angebot A hat aber nur 100 Leistungspunkte von maximal möglichen 1.000 Leistungspunkten erreicht. Der Zuschlag würde folglich auf ein billiges und qualitativ schlechtes Angebot erteilt. Um diese Schwäche der Bewertungsmethode zu beseitigen, muss zwingend eine minimale Leistungspunktzahl vom Auftraggeber vorgegeben werden.


Bei der betrachteten Bewertungsmethode (Quotient aus Leistungspunkten und Angebotspreisen, Z = L / P) aus der Bewertungsklasse II ist die Gewichtung immer 50% Leistung und 50% Preis.

Bewertungsmethoden mit unterschiedlichem Gewicht von Preis und Leistung 

Bei Vergabeverfahren besteht aber sehr häufig der Wunsch bzw. die Notwendigkeit Preis und Leistung unterschiedlich bei der Bewertung zu gewichten. Soll z. B. dem Preis eine deutlich größere Bedeutung bei der Wertung zukommen, so könnte eine Gewichtung des Preises mit 70% und eine Gewichtung der Leistung mit 30% wünschenswert sein. Auch der umgekehrte Fall ist denkbar, bei dem die Leistung stärker Berücksichtigung finden soll und der Preis mit 30% und die Leistung mit 70% gewichtet werden soll.

Ein Ansatz zur Umsetzung einer solchen Gewichtung sind die Bewertungsmethoden der Bewertungsklassen III und IV. (Ferber. Bewertungskriterien und Bewertungsmatrizen im Vergabeverfahren, S. 126ff.)

Weitere Informationen


Für alle die Ihr Wissen dazu vertiefen möchten, empfehle ich das Seminar Wertungskriterien und Bewertungsmatrizen bzw. das Buch Bewertungskriterien und -matrizen im Vergabeverfahren.

Buch: Bewertungskriterien und -matrizen im Vergabeverfahren

Bewertungskriterien und -matrizen im Vergabeverfahren
Thomas Ferber
ISBN 978-3-8462-0471-9
Bundesanzeiger Verlag
458 Seiten, 79,00 Euro inkl. MwSt. (Hardcover)

Sie können das Buch über jede Buchhandlung oder direkt beim Bundesanzeiger-Verlag bestellen.




 

 

 

Seminar: Wertungskriterien und Bewertungsmatrizen

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