Mittwoch, 11. September 2013

Fristverkürzungen beim offenen Verfahren gemäß VOB/A

Bei Vergabeverfahren gemäß VOB/A kann die (Regel)-Angebotsfrist durch folgende Maßnahmen verkürzt werden:

Angebotsfrist beim offenen Verfahren

§ 10 EG Abs. 1 Nr. 1 VOB/A
Beim offenen Verfahren beträgt die Frist für den Eingang der Angebote (Angebotsfrist) mindestens 52 Kalendertage, gerechnet vom Tag nach Absendung der Bekanntmachung.

Die in § 10 EG Abs. 1 Nr. 1 VOB/A genannte Angebotsfrist von 52 Tagen ist eine Mindestfrist. Um einen vernünftigen Wettbewerb zu gewährleisten, hat der Auftraggeber aber die Pflicht eine angemessene Angebotsfrist festzusetzen, die für die Komplexität und die Ausarbeitungszeit der Angebote erforderlich ist.

(Regel-)Angebotsfrist beim offenen Verfahren


Vorinformation über die Ausschreibung

§ 10 EG Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 VOB/A
Die Angebotsfrist kann auf 36 Kalendertage, gerechnet vom Tag nach Absendung der Bekanntmachung verkürzt werden; sie darf 22 Kalendertage nicht unterschreiten. Voraussetzung dafür ist, dass eine Vorinformation nach dem vorgeschriebenen Muster gemäß § 12 EG Absatz 1 Nummer 3 mindestens 52 Kalendertage, höchstens aber 12 Monate vor Absendung der Bekanntmachung des Auftrages an das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union abgesandt wurde. Diese Vorinformation muss mindestens die im Muster einer Bekanntmachung nach § 12 EG Absatz 2 Nummer 2 für das offene Verfahren geforderten Angaben enthalten, soweit diese Informationen zum Zeitpunkt der Absendung der Vorinformation vorlagen.

verkürzte Angebotsfrist durch Vorinformation beim offenen Verfahren


verkürzte Angebotsfrist durch Vorinformation beim offenen Verfahren
 

Elektronische Übermittlung der Bekanntmachung

§ 10 EG Abs. 3 VOB/A
Bei Bekanntmachungen, die über das Internetportal des Amtes für Veröffentlichungen der Europäischen Union3) auf elektronischem Weg erstellt und übermittelt werden (elektronische Bekanntmachung), können die in den Nummern 1 und 2 genannten Angebotsfristen um sieben Kalendertage verkürzt werden.

Wird die Bekanntmachung elektronisch erstellt und elektronisch übermittelt, kann die Regel-Angebotsfrist von 52 Tagen um 7 Tage auf 45 Tage verkürzt werden.
verkürzte Angebotsfrist durch elektronische Bekanntmachung beim offenen Verfahren
Wird die Bekanntmachung elektronisch erstellt und elektronisch übermittelt, kann die durch Vorinformation auf die Regelfrist von 36 Tage verkürzte Angebotsfrist um weitere 7 Tage auf 29 Tage verkürzt werden.
 
verkürzte Angebotsfrist durch Vorinformation + elektronische Bekanntmachung beim offenen Verfahren


Wird die Bekanntmachung elektronisch erstellt und elektronisch übermittelt, kann die durch Vorinformation auf die Mindestfrist von 22 Tage verkürzte Angebotsfrist um weitere 7 Tage auf 15 Tage verkürzt werden.
verkürzte Angebotsfrist durch Vorinformation + elektronische Bekanntmachung beim offenen Verfahren


Vergabeunterlagen und alle zusätzlichen Unterlagen sind auf elektronischem Weg frei, direkt und vollständig verfügbar

Macht der Auftraggeber die Vergabeunterlagen und alle zusätzlichen Unterlagen auf elektronischem Weg frei, direkt und vollständig verfügbar, dann darf die Angebotsfrist um 5 Tage verringert werden.

§ 10 EG Abs. 1, Nr. 4 VOB/A
Die Angebotsfrist kann um weitere fünf Kalendertage verkürzt werden, wenn ab der Veröffentlichung der Bekanntmachung die Vertragsunterlagen und alle zusätzlichen Unterlagen auf elektronischem Weg frei zugänglich, direkt und vollständig zur Verfügung gestellt werden; in der Bekanntmachung ist die Internetadresse anzugeben, unter der diese Unterlagen abgerufen werden können.

Werden die Vergabeunterlagen und alle zusätzlichen Unterlagen auf elektronischem Weg frei, direkt und vollständig verfügbar gemacht, kann die Standard-Angebotsfrist von 52 Tagen um 5 Tage auf 47 Tage verkürzt werden.  Wird die Bekanntmachung elektronisch erstellt und elektronisch übermittelt und die die Vergabeunterlagen und alle zusätzlichen Unterlagen auf elektronischem Weg frei, direkt und vollständig verfügbar gemacht, kann die Standard-Angebotsfrist von 52 Tagen um (7 + 5) Tage auf 40 Tage verkürzt werden.
verkürzte Angebotsfrist durch elektronische Bekanntmachung + elektronische Verfügbarkeit der Unterlagen
Die in § 10a Abs. 1 Nr. 6 VOB/A 2009 enthaltene Mindestfrist für die verkürzte Angebotsfrist von 15 Kalendertagen ist in der VOB/A 2012 nicht mehr enthalten. Diese Mindestfrist ist auch in Art. 38 RL 2004/18EG nicht vorgesehen. Damit können die Verkürzungen nach der VOB/A 2012 ohne eine solche Untergrenze kumuliert werden. (siehe dazu von Wietersheim, § 10 EG VOB/A, Rn. 8 in Korbion, VOB-Kommentar, 18. Aufl. 2013).

Eine Kombination der Fristverkürzung durch elektronische Verfügbarkeit der Unterlagen mit der Fristverkürzung der Vorinformation und der elektronischen bekanntmachung ist bei Ausschreibungen gemäß VOB/A möglich. Durch die Kumulation der Fristverkürzungen kommt man auf eine Mindestfrist von 10 Tagen.



verkürzte Angebotsfrist durch Vorinformation + elektronische Bekanntmachung + elektronische Verfügbarkeit der Unterlagen


Angemessenheit der Fristverkürzungen

Die Veröffentlichung einer Vorinformation stellt keine automatische Begründung für die Reduzierung der Angebotsfristen dar. Diese müssen vom Auftraggeber stets im Einzelfall auf ihre Angemessenheit überprüft werden. Die Angemessenheit der Angebotsfrist ist auch vom Umfang der zu vergebenden Leistung und dem Umfang der Verdingungsunterlagen abhängig. (Vergabekammer Sachsen, Beschluss vom 09.12.2002, Az.: 1/SVK/102-02)


Weiteres über Fristen im Vergabeverfahren und die Möglichkeiten der Fristverkürzungen finden Sie in dem Buch Praxisratgeber Vergaberecht - Fristen im Vergabeverfahren.

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