Dienstag, 4. September 2012

Fristen bei der Informations- und Wartepflicht - Teil II

Eine fehlerhafte Fristberechnung zur  Informations- und Wartepflicht kann schwerwiegende Konsequenzen im Vergabeverfahren haben.

Wird der Zuschlag vom Auftraggeber verfrüht erteilt und damit die Frist bei der Informations- und Wartepflicht (-> § 101a GWB) nicht eingehalten, so kann dies zur Feststellung der Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrages führen (->§ 101b GWB). (siehe hierzu Fristen bei der Informations- und Wartepflicht - Teil I )  

Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information zur beabsichtigten Zuschlagserteilung geschlossen werden (-> § 101a GWB Abs. 1, Satz 3). Wird die Information per Fax oder auf elektronischem Weg versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage (-> § 101a GWB Abs. 1, Satz 4).

Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an (-> § 101a GWB Abs. 1, Satz 5).

Beispiel 1: Versand der Information per Post = 15-tägige Wartefrist:
Im Beispiel wird die Information an die betroffenen Bieter Montags per Post versendet. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung um 0:00 Uhr (im Beispiel Dienstag) und endet am 15. Tag um 24:00 Uhr. Gezählt werden Kalendertage.


 Der Zuschlag kann dann ab dem 16. Tag (im Beispiel ab Mittwoch) erfolgen.

Beispiel 2:  Versand der Information per Fax oder elektronisch = 10-tägige Wartefrist - Fristende an einem Sonntag:
Da die Information zur beabsichtigten Zuschlagserteilung in diesem Beispiel per Fax oder elektronisch per E-Mail versendet wurde, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Im Beispiel wird die Information an die betroffenen Bieter Donnerstags per Fax oder elektronisch per E-Mail versendet. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung um 0:00 Uhr (im Beispiel Freitag) und endet am 10. Tag um 24:00 Uhr an einem Sonntag.
Eine Verschiebung des Fristendes auf den folgenden Werktag gemäß § 193 BGB findet hier nicht statt, da am letzten Tag der Frist keine Handlung vorzunehmen ist, sondern nur eine Rechtswirkung eintritt und somit die Vorraussetzung zur Anwendung von § 193 BGB nicht gegeben ist. Der Zuschlag kann dann am folgenden Montag erfolgen.

Beispiel 3: Versand der Information per Fax oder elektronisch = 10-tägige Wartefrist mit Feiertagen:
Wie in Beispiel 2 verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage, da die Information zur beabsichtigten Zuschlagserteilung in diesem Beispiel per Fax oder elektronisch per E-Mail versendet wurde. Für die Berechnung der Frist werden nur Kalendertage betrachtet, unabhängig ob Werktag, Sonntag oder Sonnabend oder Feiertag.
Auch hier gilt wie in Beispiel 2: Eine Verschiebung des Fristendes auf den folgenden Werktag gemäß § 193 BGB findet hier nicht statt, da am letzten Tag der Frist keine Handlung vorzunehmen ist, sondern nur eine Rechtswirkung eintritt und somit die Vorraussetzung zur Anwendung von § 193 BGB nicht gegeben ist. Der Zuschlag kann dann am folgenden Montag erfolgen.


 (-> Thomas Ferber. Praxisratgeber Vergaberecht - Fristen im Vergabeverfahren, 2. Aufl. Februar 2012, S. 127 -133)

Weiteres über Fristen im Vergabeverfahren vermittelt das eintägige 
Seminar Praxisratgeber Vergaberecht - Fristen im Vergabeverfahren.

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