Die Informationspflicht gemäß §101a GWB (früher § 13 VgV) führt immer wieder zu unterschiedlichen Ansichten bei Auftraggebern und Bietern. Die zwingende Nennung des erfolgreichen Bieters sowie den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist dabei unstrittig. Die Nennung der Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung der Angebote , der anderen Bieter führt aber regelmäßig zum Streit. Der Auftraggeber möchte die Begründung so kurz wie möglich halten, die Bieter wünschen sich aus Gründen der Transparenz so viel Informationen wie möglich.
Sehr oft lautet die Begründung pauschal: „Das Angebot der Firma XXXX war wirtschaftlicher“.
§ 101a Abs. 1 Satz 1: "Der Auftraggeber hat die betroffenen Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren."
Der Auftraggeber darf sich kurz fassen und muss auch nicht bis ins
letzte Detail alles offenlegen. Eine pauschale nichtssagende Begründung
reicht aber nicht aus. Im folgenden einige Beschlüsse der Vergabekammern und Vergabesenate.
Deutscher Bundestag, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts, BT-Drs. 16/11428 vom 17.12.2008, S. 33 zu § 101a Abs. 1: "Der Wortlaut der Vorschrift wird durch die Pluralbildung (die Gründe) an den allgemeinen Sprachgebrauch angepasst. Entscheidend kommt es darauf an, dass der unterlegene Bieter oder Bewerber eine aussagekräftige Begründung für die Nichtberücksichtigung seines Angebots erhält. Ist nur ein Grund für die Nichtberücksichtigung vorhanden, reicht selbstverständlich die Angabe dieses einen Grundes aus. Die Pluralbildung soll verdeutlichen, dass der unterlegene Bieter oder Bewerber durch diese Information möglichst frühzeitig Klarheit über die Erfolgsaussichten eines Rechtsschutzverfahrens gewinnen können soll. Aus diesem Grund wird der öffentliche Auftraggeber zur unverzüglichen Information in Textform verpflichtet (§ 121 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Im Übrigen wird von der Möglichkeit der Differenzierung nach Artikel 1 Abs. 5 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2007/66/EG Gebrauch gemacht."
OLG Koblenz, 25.09.2012, 1 Verg 5 / 12: "Nach § 101a Abs. 1 Satz 1 GWB hat der Auftraggeber die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu informieren. Kommt der Auftraggeber dieser Pflicht zur Vorabinformation nicht oder nicht in der gebotenen Weise nach, ist der Zuschlag von Anfang an unwirksam (§ 101b Abs. 1 Nr. 1GWB). "
OLG Karlsruhe, 29.08.2008, 15 Verg 8 / 08: "Ein Schreiben nach § 13 Satz 1 VgV muss die Information enthalten, die einen Bieter in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob die Ablehnung des Angebots tragfähig ist oder nicht, um auf dieser Basis über die mögliche Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens entscheiden zu können; die Begründung muss also verständlich, präzise und wahrheitsgemäß den Grund für die Erfolglosigkeit des Angebots nennen, wobei auch ein kurzer Standardtext ausreichen kann [..]. Die inhaltlichen Anforderungen sind nicht erfüllt, wenn dem Bieter lediglich unter Hinweis auf die Vorschrift der Verdingungsordnungen mitgeteilt wird, dass sein Angebot nicht das wirtschaftlichste gewesen ist [..]."
KG Berlin 04.04.2002 KartVerg 5/02: "Der nach [..] informierte Bieter muss auf Grund der Mitteilung zumindest in Ansätzen nachvollziehen können, welche konkreten Erwägungen für die Vergabestelle bei der Nichtberücksichtigung seines Angebots ausschlaggebend waren. Die bloße zusammenfassende Mitteilung des Ergebnisses des Wertungsvorgangs, das Angebot sei nicht das wirtschaftlichste gewesen, reicht dafür nicht aus."
EuGH, 28.01.2010, C - 406 / 08 Uniplex (UK) Rn. 31: "Ein betroffener Bewerber oder Bieter kann sich erst dann darüber klar werden, ob etwa ein Verstoß gegen die anwendbaren Vorschriften vorliegt und die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens angebracht ist, nachdem er von den Gründen in Kenntnis gesetzt worden ist, aus denen seine Bewerbung oder sein Angebot in dem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags abgelehnt wurde."
VK Thüringen, 12.01.2009, 250 - 4003 . 20 - 6372 / 2008 - 007 - IK: "Vollständigkeitshalber sei nur darauf verwiesen, dass im Fall der Zuschlagserteilung auf das wirtschaftlichste Angebot, also der Verwendung von monetären und nichtmonetären Zuschlagskriterien, es nicht ausreicht, dem Bieter mitzuteilen, dass er nicht das wirtschaftlichste Angebot habe. Die Information „nicht wirtschaftlichstes Angebot“ ist das Ergebnis der Addition der Resultate der einzelnen Zuschlagskriterien. Mit dieser Mitteilung wird dem Bieter zwar prinzipiell mitgeteilt, warum er den Zuschlags nicht bekommt, keine Information erhält er jedoch darüber, bei welchem Zuschlagskriterium, warum es welche Bewertung, welche Abschläge usw. erhielt. Nur mit einer dementsprechenden Mitteilung ist der Bieter in der Lage zu beurteilen, ob sein Angebot entsprechend der bekanntgegebenen Zuschlagskriterien, deren Gewichtung usw. bewertet wurde und ob eine oder keine Vergaberechtsverletzung vorliegt."
OLG Dresden, 07.05.2010, WVerg 0006 / 10: "Richtig ist zwar, dass die gebotene Unterrichtung des Bieters sich nicht auf Leerformeln beschränken darf, etwa des Inhalts, er habe nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben. Das ist hier aber auch nicht der Fall. Das Schreiben des Auftraggebers greift vielmehr die angekündigten Wertungskriterien im Einzelnen auf und verweist darauf, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Angebot in allen Punkten schlechtere Wertungsergebnisse als die Beigeladene (die den Auftrag erhalten soll) erzielt habe. Zu einer weiter ins Detail gehenden Begründung der Wertungsentscheidung ist der Auftraggeber - auch nach der Neufassung der Vorabinformationspflicht in § 101 a GWB - nicht gehalten."
VK Baden-Württemberg, 29.07.2013, 1 VK 25 / 13: "Der Inhalt der erteilten Information über die Nichtberücksichtigung des Angebots entspricht den Anforderungen, die § 101a GWB stellt. Schon dem Wortlaut der Norm, die den Auftraggeber verpflichtet, die Gründe für die Nichtberücksichtigung anzugeben, nicht aber von einer Begründung spricht, ist zu entnehmen, dass es dem Auftraggeber gestattet ist, sich kurz zu fassen. Er ist nicht gehalten, das Informationsschreiben mit einer Begründung zu versehen, die etwa einem die Angebotswertung fixierenden Vergabevermerk oder dessen Zusammenfassung entspricht. Unzulässig ist zwar ein bloßer Hinweis, dass das Angebot unter Berücksichtigung der Wertungskriterien nicht das wirtschaftlichste sei, entsprechend der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung der Vergabekammer Südbayern. Eine solche allgemeine Information ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Die Antragsgegnerin hat genau darüber informiert, bei welchen Kriterienpunkten die Antragstellerin schlechter abgeschnitten hat. Es reicht aus, wenn der Bieter in Ansätzen nachvollziehen kann, weshalb er nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat, so dass formularmäßige Begründungen ausreichend sein können."
Was tun, wenn aus Bietersicht die Informationen nicht ausreichend sind?
Sind die Infromationen aus Bietersicht nicht ausreichend, sollte der Bieter den Auftraggeber unverzüglich um mehr Informationen zur Vergabeentscheidung und der Bewertung bitten bzw. gegebenenfalls unverzüglich rügen.
Was tun als Auftraggeber?
Der Auftraggeber sollte auf pauschale nichtsagende Begründungen verzichten. Die Begründungen dürfen kurz und prägnant sein, sollten aber aussagekräftig und nachvollziehbar sein.
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