Mittwoch, 13. März 2013

Angemessene Fristen für Teilnahmeantrag und Angebotsfristen

Fristen müssen angemessen sein. Eine zu kurz gewählte Frist für den Teilnahmeantrag bzw. Angebotsfrist schränkt den Wettbewerb stark ein und erhöht zwangsläufig die Preise. Die Fristen sollten der Komplexität der Ausschreibung angemessen gewählt werden. Zu kurze Fristen schrecken zum einen potentielle Anbieter ab und erhöhen andererseits die Preiskalkulationen, da die Anbieter durch die Kürze der Zeit nicht detailliert genug kalkulieren können und Risikozuschläge mitaufnehmen oder durch die Kürze der Zeit nicht alle notwendigen Nachweise und Referenzen für den Teilnahmewettbewerb zusammenstellen können. Des weiteren müssen gerade bei sehr großen Unternehmen komplexe Genehmigungsprozesse durchlaufen werden, die Zeit in Anspruch nehmen. 

Der Auftraggeber darf sich nicht stur auf die Mindestfristen zurückziehen. Vielmehr muss er unter Berücksichtigung der Komplexität und sonstiger bekannter Randbedingungen, wie z. B. Urlaubszeit, Brückentage durch Feiertage, Zusatzzeiten zum Beschaffen notwendiger Bescheinigungen, eine angemessene Frist bestimmen.

§ 10 Abs. 1 VOL/A
Für die Bearbeitung und Abgabe der Teilnahmeanträge und der Angebote sowie für die Geltung der Angebote  sind ausreichende Fristen (Teilnahme-, Angebots- und Bindefristen)  vorzusehen.     

§ 12 EG Abs. 1, Satz 1 VOL/A 
Bei der Festsetzung der Fristen für den Eingang der Angebote und  der Anträge auf Teilnahme berücksichtigen die Auftraggeber unbeschadet der nachstehend festgelegten Mindestfristen insbesondere die Komplexität des Auftrags und die Zeit, die für die Ausarbeitung der Angebote erforderlich ist.

§ 10 Abs. 1 VOB/A
Für die Bearbeitung und Einreichung der Angebote ist eine ausreichende Angebotsfrist vorzusehen, auch bei Dringlichkeit nicht unter 10 Kalendertagen. Dabei ist insbesondere der  zusätzliche Aufwand für die Besichtigung von Baustellen oder die Beschaffung von Unterlagen für die Angebotsbearbeitung zu berücksichtigen.

§ 10  Abs. 4 VOB/A            
Für die Einreichung von Teilnahmeanträgen bei Beschränkter Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb ist eine ausreichende Bewerbungsfrist vorzusehen.


OLG Düsseldorf  Beschluss vom 28. Dezember 2011   VII-Verg 73/11
Die Frist muss jedoch ausreichend bemessen sein. Ob dies der Fall ist, hängt von der Komplexität der Ausschreibung für die Bieter und der Dringlichkeit der Beschaffung für den Auftraggeber ab [..]
Insbesondere die Komplexität des Auftrages sprach für eine längere Frist. § 97 Abs. 1 GWB fordert die Beschaffung im Wettbewerb. Ein Wettbewerb konnte nur dann hergestellt werden, wenn auch Dritten die realistische Chance gewährt wurde [..]


VK Sachsen , Beschluss vom 9. Dezember 2002 - 1/SVK/102-02
[..] müssen aber auch die verkürzten Fristen ausreichend sein, um ordnungsgemäße Angebote abgeben zu können. Dies bedeutet, dass der Auftraggeber nur dann von der Verkürzung der Angebotsfrist Gebrauch machen soll, wenn die Angebotsfrist für die teilnehmenden Unternehmen als ausreichend angesehen werden kann, [..] 

Das folgende Beispiel soll die Problematik verdeutlichen.

Absendung der Bekanntmachung: 22. Dezember, Abgabetermin Teilnahmeanträge: 8. Januar


Die Bekanntmachung der Ausschreibung kurz vor den Weihnachtstagen und der zu erwartenden Ferienzeit ist problematisch. Anbieter, die sich nicht bereits im Vorfeld der Bekanntmachung mit dieser Beschaffung beschäftigen konnten, haben eigentlich keine Chancen. Verschärft wird dies in diesem Beispiel noch durch sehr hohe Anforderungen an Nachweise und Referenzen.

Weiteres über Fristen im Vergabeverfahren vermittelt das eintägige
Seminar Praxisratgeber Vergaberecht - Fristen im Vergabeverfahren

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