Dienstag, 12. März 2013

Fristen bei Rügen / Nachprüfungsverfahren

Nachprüfungen vor der Vergabekammer sind nur dann zulässig, wenn es sich um einen Auftrag handelt, der in den Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts fällt, das heißt ein Auftrag, dessen Auftragswert über den Schwellenwerten liegt.

Gemäß § 104 Abs. 1 GWB wird die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge durch die Vergabekammern des Bundes für die dem Bund zuzurechnenden Aufträge wahrgenommen. Entsprechend nehmen die Vergabekammern der Länder  die Nachprüfungen der diesen Ländern zuzurechnenden Aufträge wahr.

Nachprüfungsverfahren werden von den Vergabekammern nur auf Antrag von Unternehmen eingeleitet, die
  • ein Interesse am Auftrag haben,
  • eine Verletzung der Vergabevorschriften geltend machen,
  • einen Schaden durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften erlitten haben oder
  • denen ein Schaden zu entstehen droht.
Dies wird in § 107 Abs. 1 und 2 GWB beschrieben.

§ 107 Abs. 1 GWB
Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.
    
§ 107 Abs. 2 GWB
Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.


Die Voraussetzung für ein Nachprüfungsverfahren ist eine vorgenommene Rüge beim Auftraggeber, um diesem die Möglichkeit einzuräumen den erkannten und beanstandeten Vergaberechtsverstoß zu beseitigen und damit ein Nachprüfungsverfahren zu vermeiden. Die Rüge unterliegt keiner besonderen Formvorgabe sollte aber aus Gründen der Nachweisbarkeit schriftlich und/oder elektronisch per Email oder Fax erfolgen (siehe hierzu Ruhland in Müller-Wrede (Hrsg.) GWB-Vergaberecht § 107 Rn. 15).

Erkannte oder erkennbare Vergaberechtsverstöße sind unverzüglich  zu rügen.

§ 107 Abs. 3, Nr. 1 GWB            
Der Antrag ist unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt
hat,    
 

Unabhängig wie kurz oder lang die Rügefrist im Einzelfall aufgrund einer bestehenden Komplexität etc. auszulegen ist: ist der Verstoß bereits in der Vergabebekanntmachung erkennbar und wird nicht bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt, dann ist der Nachprüfungsantrag unzulässig.


§ 107 Abs. 3, Nr. 2 GWB
Der Antrag ist unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,

Ist der Vergabeverstoß noch nicht in der Bekanntmachung erkennbar, sondern erst in den Vergabeunterlagen, so muss auch hier bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden, ansonsten ist der Nachprüfungsantrag unzulässig.

§ 107 Abs. 3, Nr. 3 GWB
Der Antrag ist unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,

Für den Auftraggeber besteht keine Verpflichtung auf die eingegangene Rüge zu reagieren und dem rügenden Bieter eine Erklärung abzugeben (Reidt in Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 3. Auflage 2010  § 107 Rn. 81). Der Auftraggeber hat die Möglichkeit der Selbstkorrektur, muss diese aber nicht nutzen.

Erfolgt durch den Auftraggeber eine Mitteilung an den Auftraggeber, dass der Rüge nicht abgeholfen wird, beginnt eine Frist von 15 Tagen zu laufen, innerhalb der der Bieter einen Antrag auf Nachprüfung bei der Vergabekammer stellen muss.

§ 107 Abs. 3, Nr. 4 GWB            
Der Antrag ist unzulässig, soweit mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.


Weiteres über Fristen im Vergabeverfahren vermittelt das eintägige
Seminar Praxisratgeber Vergaberecht - Fristen im Vergabeverfahren.

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