Montag, 25. März 2013

Lange Bindefristen bei Vergabeverfahren

Die Bindefrist bezeichnet die Spanne, bis zu deren Ablauf ein Bieter an sein Angebot gebunden ist. Mit dem Ende der Angebotsfrist und dem Beginn der Bindefrist können die Bieter ihre Angebote nicht mehr zurückziehen.


Bindefrist

Problematisch wird es dann, wenn Auftraggeber sehr lange Bindefristen im Vergabeverfahren verlangen und sich die Bieter sehr lange an die Angebote binden müssen. 


Unnötig lange Bindefristen führen nicht selten zu einer Wettbewerbsverzerrung, da einige Unternehmen durch die langen Bindefristen abgeschreckt werden und andere aufgrund der langen Bindefristen Risikoaufschläge für Währungsschwankungen etc. ansetzen müssen und wieder andere in ihren geschäftlichen Entschlüssen und Dispositionen eingeschränkt sind.

Die Vergabekammer Baden-Württemberg schreibt in ihrem Beschluss 1 VK 43/07:
Die Bindefrist ist so kurz wie möglich und nicht länger zu bemessen, als für eine zügige Prüfung und Wertung notwendig ist. Die Interessen der Beteiligten sind bei der Fristbemessung zu berücksichtigen. Auf Seiten der Bieter ist zu berücksichtigen, dass sie während der Wartezeit in ihren geschäftlichen Entschlüssen und Dispositionen eingeschränkt sind. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Bewerbung um andere Aufträge und der Finanzierung weiterer Aufträge.

Die Vergabekammer Schleswig-Holstein schreibt in ihrem Beschluss VK-SH 03/12:
Das Vergabeverfahren leidet an einem schwerwiegenden Mangel. Die mit insgesamt 8 Monaten bemessene Binde-/Zuschlagsfrist verstößt gegen § 12 Abs. 1 Satz 2 EG VOL/A. In Bezug auf die Bindefrist regelt § 12 Abs. 1 Satz 2 EG VOL/A, dass Auftraggeber eine „angemessene“ Frist bestimmen, innerhalb der die Bieter an ihre Angebote gebunden sind. Eine nähere Ausgestaltung des Merkmals der Angemessenheit findet sich in § 12 Abs. 1 Satz 2 EG VOL/A zwar nicht. Diese Vorschrift ist jedoch im Lichte des § 19 Abs. 2 VOL/A 2006 auszulegen. Diese Vorschrift sah ausdrücklich vor, dass (jedenfalls) die Zuschlagsfrist so kurz wie möglich und nicht länger zu bemessen ist, als der Auftraggeber für eine zügige Prüfung und Wertung der Angebote benötigt. § 12 Abs. 1 Satz 2 EG VOL/A ist eine bieterschützende Norm und soll eine für den Bieter unzumutbar lange Bindung an sein Angebot verhindern. Bei der Festlegung der Binde-/Zuschlagsfrist ist zu Gunsten der Bieter zu berücksichtigen, dass diese während der Bindefrist in ihren geschäftlichen Entschlüssen und Dispositionen erheblich eingeschränkt sind.

Sieht man als Bieter in der im Ausschreibungsverfahren festgesetzten Bindefrist ein Problem (z. B. weil der Auftraggeber eine ungewöhnlich lange Bindefrist verlangt), so sollte man hierzu eine entsprechende Bieterfrage stellen und bei Bedarf als Steigerung auch eine Rüge in Erwägung ziehen. Das eigenmächtige Ändern der Bindefrist muss dagegen zwingend zum Ausschluss führen.

Gemäß § 10 Abs. 1 VOL/A bzw. § 12 EG Abs. 1 VOL/A sind für die Geltung der Angebote angemessene Fristen vorzusehen.

§ 10  Abs. 1, VOL/A:
Für die Bearbeitung und Abgabe der Teilnahmeanträge und der Angebote sowie für die Geltung der Angebote sind ausreichende Fristen (Teilnahme-, Angebots und Bindefristen) vorzusehen.

§ 12 EG Abs. 1, Satz 2 VOL/A:
Die Auftraggeber bestimmen eine angemessene Frist, innerhalb der die Bieter an ihre Angebote gebunden sind (Bindefrist).

Die VOB/A gibt eine wesentliche konkretere Vorgabe von 30 Tagen.  (Die VOB/A verwendet den Begriff Zuschlagsfrist, die VOL/A den Begriff Bindefrist.). Längere Fristen sind nur in begründeten Ausnahmen zulässig.

§ 10  Abs. 6, VOB/A:
Die Zuschlagsfrist soll so kurz wie möglich und nicht länger bemessen werden, als der Auftraggeber für eine zügige Prüfung und Wertung der Angebote (§ 16) benötigt. Eine längere Zuschlagsfrist als 30 Kalendertage soll nur in begründeten Fällen festgelegt werden. Das Ende der Zuschlagsfrist ist durch Angabe des Kalendertages zu bezeichnen.

Weiteres über Fristen im Vergabeverfahren vermittelt das eintägige Seminar Praxisratgeber Vergaberecht - Fristen im Vergabeverfahren.



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